Zum Poller in der Stadthausstraße

Hintergrund

22.02.24 –

Der Poller in der Stadthausstraße ist das Ergebnis eines öffentlichen, demokratischen Prozesses: Mit seiner Aufstellung hat das Bezirksamt Lichtenberg den BVV-Beschlusss "Kaskelkiez für Menschen statt Durchgangsverkehr" umgesetzt. Ihm liegt ein erfolgreicher Einwohner*innen-Antrag zugrunde. Seit Dezember 2023 ist der Poller mehrfach mutwillig entfernt worden. Auch die CDU stiftet weiter Unruhe, indem sie den Beschluss, an dem die CDU-Fraktion selbst beteiligt war, in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) in Frage stellt. In diesem Hintergrundartikel fassen wir den demokratischen Weg zum Kaskel-Kiezblock zusammen, beleuchten die aktuelle Situation und wie es weiter geht.

Seit Dezember 2023 steht ein Poller unter der S-Bahnbrücke in der Stadthausstraße.Er leitet den Kfz-Durchgangsverkehr um den Kaskelkiez herum. Mit dieser Maßnahme setzt das Bezirksamt einen BVV-Beschluss aus dem September 2022 um. Er geht auf einen Einwohner*innenantrag zurück, der von der BVV mit den Stimmen von LINKE, SPD und uns, bei Enthaltung der CDU, beschlossen wurde. Die Sperrung für den Kfz-Durchgangsverkehr ist das Ergebnis eines öffentlichen, demokratischen Prozesses:

Die Ausgangssituation im Kaskelkiez
Der Autoverkehr im Kaskelkiez besteht zu 95 Prozent aus Durchgangsverkehr. Die Menschen im Kiez leiden unter dem zu viel an Kfz-Verkehr, an den Folgen von Abkürzungen und Schleichwegen. Vor allem in Wohnstraßen, die nie dafür vorgesehen waren. Alleine die Marktstraße und die Schreiberhauerstraße sind im Kaskelkiez für den Durchgangsverkehr vorgesehen. Alle anderen Straßen im Kiez sind Nebenstraßen und haben eine reine Versorgungs- und Erschließungsfunktion.

Die Bürger*inneninitiative „Kaskel-Kiezblock“
Anwohnende schließen sich 2019 zu einer Bürger*inneninitiative zusammen und setzen sich für die Einrichtung eines Kiezblocks ein. Sie wünschen sich mehr Sicherheit im Straßenraum, mehr Ruhe, bessere Luft, Raum zum Spielen und sich Begegnen, kurzum eine höhere Aufenthaltsqualität und Öffnung des Kiezes für den Fuß- und Fahrradverkehr. 

Was ist ein Kiezblock?
Ein Kiezblock ist ein Viertel ohne Kfz-Durchgangsverkehr. Um den Kfz-Durchgangsverkehr aus einem Kiez herauszuhalten, werden die Straßen für Autos teilweise gesperrt. Fußgänger*innen und Radfahrende können weiterhin leicht durch den Block navigieren. Alle Adressen bleiben dennoch mit dem Auto erreichbar. Das direkte Durchfahren ist aber nur noch für Rettungs-, Einsatz- und Versorgungsfahrzeuge möglich.

Einwohner*innenantrag: Kaskelkiez für Menschen statt Durchgangsverkehr 
Die Mitglieder der Bürger*inneninitiative werben bei den Anwohner*innen und politischen Vertreter*innen für ihr Anliegen und entscheiden sich für das direktdemokratische Mittel des Einwohner*innenantrags. Für einen Einwohner*innenantrag benötigen sie 1.000 Unterschriften. 1.420 gesammelte Unterschriften von Lichtenberger*innen sind ein deutliches Votum.

Der Antrag wird beschlossen
Am 11. Mai 2022 werden der Antrag und die Unterschriften der BVV übergeben. Der Antrag wird im Verkehrsausschuss beraten und mit den Stimmen von DIE LINKE, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN angenommen. Die CDU enthält sich. Die BVV vom 22. September 2022 beschließt den Antrag DS/0311/IX mehrheitlich. Die CDU enthält sich erneut. Der Beschluss sieht folgende Maßnahmen vor:

  1. Schnell umsetzbare Mittel wie ein Kfz-Filter in der Stadthausstraße sollen den Kfz-Durchgangsverkehr unterbinden.
  2. Der Kaskelkiez soll als verkehrsberuhigter Bereich ausgewiesen werden.
  3. Mehr Schulwegsicherheit und keine Verlagerung des Schleichverkehrs auf die Nöldnerstr.: Dafür sollen eine Tempo-30-Zone und Umweltverbundspur eingerichtet werden.
  4. Für den Kaskel- und Weitlingkiez sowie die Rummelsburger Bucht soll ein Gesamtkonzept erarbeitet und innerhalb von zwei Jahren umgesetzt werden. Die Bürger*innen sind zu beteiligen.

Die Umsetzung des BVV-Beschlusses
Das Bezirksamt gibt eine Machbarkeitsstudie für die Verkehrsberuhigung im Kaskelkiez in Auftag. Das Planungsbüro VCDB identifiziert als sinnvolle, zentrale Maßnahme die Sperrung der Stadthausstraße für den Autoverkehr. Das Bezirksamt lädt zu einer öffentlichen Informationsveranstaltung in die Schule an der Victoriastadt ein. Neben dem Kfz-Filter in der Stadthausstraße, stehen die Auswirkungen auf umliegende Straßen und weitere Gestaltungsideen für den Kiez auf dem Progamm.

Polizei: keine verstärkten Kontrollen trotz Vandalismus
1.420 Unterschriften, der erfolgreich eingebrachte Einwohner*innen-Antrag, der BVV-Beschluss, das Berliner Mobilitätsgesetz (CO2-Minderung, Anpassung der Kieze an den Klimawandel) und die externe Analyse bilden die rechtliche Grundlage für die sog. Teilentziehung der Stadthausstraße für den Kfz-Verkehr. Kurzum: für den Poller. Im Kiez lässt sich beobachten, dass die Absperrungen von Autofahrer*innen verschoben werden, um durchfahren zu können. Mehrfach wurde der Poller entfernt und sogar Beton in das für den Poller vorgesehene Loch gefüllt. Laut einer aktuellen Anfrage von Stefan Taschner, unserem bündnisgrünen Abgeordneten für Lichtenberg im Berliner Abgeordnetenhaus, plant die Polizei trotz der Rechtsverstöße keine verstärkten Kontrollen.

Statt nach "Law and Order" zu rufen, vergleicht die CDU Äpfel mit Birnen
Und die CDU? Statt wie gewohnt bei Vandalismus nach "Law and Order" zu rufen, vergleicht sie lieber Äpfel mit Birnen. Nach dem Beispiel der CDU-Verkehrssenatorin fordern die Christdemokrat*innen stattdessen in der Januar-BVV demokratisch beschlossene Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung im Bezirk zu stoppen und auf den Prüfstand zu stellen. Die CDU-Fraktion verdreht die Tatsachen und legitimiert ihren Antrag mit einem Urteil, dass auf einer völlig anderen Rechtsgrundlage basiert. 2022 hätte die CDU gegen die Verkehrsberuhigung im Kaskelkiez stimmen können, enthielt sich aber und richtet nun ihr schwarzes Fähnchen im autopopulistischen Wind aus.

Wie geht es nun weiter?
"Der Poller in der Stadthausstraße ist der erste Schritt zu einer Verkehrsberuhigung des Kaskelkiezes. Wir verstehen, dass diese Maßnahme wie viele Neuerungen zu Beginn, während einer Umgewöhnungsphase auf Widerstand stößt. Das verhielt sich in Städten wie Barcelona anfangs ähnlich. Aber trotzdem ist die Selbstjustiz in der Stadthausstraße gegenüber demokratischen Entscheidungen nicht tolerierbar und ein Rechtsverstoß", sagt Dante Davis unser verkehrspolitischer Sprecher. "Wir werden weiter den Dialog mit den Menschen vor Ort führen. Besonders mit dem Teil der Gewerbetreibenden, die Auswirkungen auf ihr Geschäft befürchten. Im Gespräch möchten wir herausfinden, wie wir dir die Situation für sie verbessern können und ihre Ideen dazu hören", ergänzt Daniela Ehlers, unsere Fraktionsvorsitzende und verkehrspolitische Sprecherin. "In jedem Fall werden wir beobachten, wie sich die Verkehrsflüsse ändern und nach einem Jahr eine Bilanz ziehen."

Gemäß der BVV-Beschlüsse wird im nächsten Schritt die Verkehrssituation im angrenzenden Weitlingkiez und an der Rummelsburger Bucht untersucht sowie Lösungen unter Beteiligung der Bürger*innen erarbeitet.

 

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Arbeit, Soziales, Gesundheit | Artikel | Bürgernähe, Verwaltung, öffentliche Ordnung | Klimaschutz, Umwelt, Grünflächen | Verkehr und Mobilität | Wohnen und Stadtentwicklung

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