BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Grüne Fraktion Berlin-Lichtenberg

Aufsuchende Sozialarbeit in Lichtenberg

04.11.24 –

Vorgang: KA/0819/IX

Das Bezirksamt wird um folgende Auskunft gebeten:

  1. Welche Maßnahmen der aufsuchenden Sozialarbeit werden derzeit an den Orten durchgeführt, an denen sich obdachlose Menschen häufig aufhalten? Im speziellen am Eugeniu-Botnari-Platz, Rathauspark, Buchberger Str./Coppistraße, Münsterlandplatz, Einbeckerstraße, In der Umgebung des Betriebsbahnhofs Rummelsburg, U Tierpark und an der Rummelsburger Bucht.

    Vorbemerkung:

    Es ist insgesamt festzustellen, dass Obdachlosigkeit im öffentlichen Raum des Bezirkes Lichtenberg ein Thema ist. Angebote der regelmäßig proaktiv aufsuchenden Sozialarbeit im öffentlichen Raum sind traditionell eine Förderstruktur des Landes Berlin (SenASGIVA). Die beauftragten Träger sind bedarfsbezogen auch in Lichtenberg aktiv. Zusätzlich unter­stützt die bezirkliche Angebotsstruktur – hauptsächlich anlassbezogen. Die Hilfen sind freiwillige Angebote. Es gibt keine Verpflichtung zur Annahme durch die obdachlosen Menschen.

    zu 1.:  

    Seit Juni 2019 fördert das Amt für Soziales im Rahmen von Zuwendungen zwei Projekt­träger in Lichtenberg für die Kontakt­aufnahme zu obdachlosen Menschen im öffentlichem Raum über das Projekt „Aufsuchende Sozialarbeit Lichtenberg“.

    Die Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter dieser Projekte führen nach Beauftragung des Amtes für Soziales vor Ort ein Clearing und eine Verweisberatung durch. Sie erstellen eine Dokumentation in Form eines Lageberichtes zur Situation vor Ort als Rückmeldung an das Amt für Soziales.

    Aufgaben der „Aufsuchenden Sozialarbeit Lichtenberg“

    • Kontaktaufnahme vor Ort

    • Erfassung der Situation

    • Abklärung von Bedarfen

    • Information über spezifische Beratungsangebote

    • Rückmeldung an das Amt für Soziales (Lagebericht mit Dokumentation)

    Neben den Regelangeboten der „Sozialen Wohnhilfen“ Berlins und deren Zuständigkeiten (bei fehlender polizeilicher Meldung in Berlin) wird auch zum bestehenden niedrig­schwelligen Nothilfesystem beraten:

    • Notunterkünfte (Kältehilfe in der Wollenberger Str. 10 oder auch ganzjährige Projekte in angrenzenden Bezirken, bspw. Am Containerbahnhof 1 - Stadtmission)

    • Kältehilfebus der Stadtmission (Tel. 030 690 333 690)

    • Hitzehilfeprojekte (bspw. Atina gGmbH)

    • Essensausgaben (HvD Weitlingstraße 11)

    • Kleiderkammern (HvD Weitlingstraße 11)

    • medizinische Versorgung von Obdachlosen (OpenMed in der Weitlingstraße 11 und Irenenstraße 20) und deren Tieren (HundeDoc beim Tagestreff Enterprise in der Eitelstraße 86)

    • Tagestreffs mit Duschmöglichkeiten, Waschmaschinen und Sozialberatung (bspw. HvD in der Weitlingstraße 11)
       

  2. Wie wird die Zusammenarbeit zwischen den Sozialarbeitsteams und anderen relevanten Akteuren (z.B. Gesundheitsdiensten, Hilfsorganisationen) koordiniert, um obdachlosen Menschen an diesen Orten bestmöglich zu helfen?

    Das Amt für Soziales koordiniert nach Rückmeldung der Projekte die weiteren Inter­ventionen und vermittelt weitere relevante Akteure an die Projektträger.

    Voraussetzung für weitere Interventionen ist die Bereitschaft der betroffenen Personen, die Hilfen auch annehmen zu wollen oder zu können. In diesem Zusammenhang spielen oft Suchterkrankungen, psychische Auffälligkeiten oder bei EU-Bürgern beschränkte Leistungs­ansprüche eine Rolle bzw. können der Annahme der Hilfsangebote entgegenstehen.

    Seitens des Amtes für Soziales gibt es einen regelmäßigen Fachaustausch mit den auf­suchenden Projektträgern und in entsprechenden Einzelfällen Kontakte und Zusammen­arbeit zu/mit relevanten Akteuren.

  3. Welche konkreten Pläne existieren, um die Bedingungen an den Orten zu verbessern, an denen sich obdachlose Menschen regelmäßig aufhalten?

    Die Gestaltung des öffentlichen Raums bzw. öffentlicher Räume ist Sache der Raum-, Stadt- und Verkehrsplanung sowie -architektur.

    Hier hat das Amt für Soziales keine direkten Einflussmöglichkeiten, steht jedoch ent­sprechenden Prozessen auf Anfrage mit eigener Expertise beratend zur Seite. Als indivi­duelle Überlebenshilfe werden durch die Projekte der Aufsuchenden Sozialarbeit in Einzel­fällen Schlafsäcke oder Isomatten überlassen. Bei extremer Hitze verteilen die Projekt­träger gegebenenfalls Wasserflaschen und Sonnenschutz.

  4. Wie wird die Wirksamkeit der aufsuchenden Sozialarbeit für obdachlose Menschen evaluiert?

    Für jeden Auftrag des Amtes für Soziales zur Erkundung der Situation vor Ort (Clearing und Verweisberatung) erfolgt durch die Projektträger eine unmittelbare Rückmeldung in Form eines schriftlichen strukturierten Lageberichtes und einer (in Bezug auf die Umstände vor Ort) teilweise auch fotogestützten Dokumentation. Dies erfolgt auch in den Fällen, wo keine obdachlosen Personen vor Ort angetroffen werden konnten und Folgebegehungen durchgeführt werden. Diese Berichte beinhalten die ergriffenen Maßnahmen und auch Hinweise darauf, inwieweit entsprechende Angebote angenommen werden.

    Die Frage der Wirksamkeit differenziert sich somit einerseits in das Ziel, betroffenen Personen unmittelbar Unterstützung anzubieten und diese nicht einfach sich selbst zu überlassen. Die Zielstellung des Projektes (Clearing und Verweisberatung) ist damit in jedem Einzelfall „messbar“.

    Die individuelle Wirksamkeit setzt sodann zunächst voraus, die betreffenden Personen auch anzutreffen. Inwieweit die betreffenden Personen die Angebote annehmen, ist aber weder durch das Amt für Soziales noch durch die Projekte beeinflussbar.

    Die Örtlichkeiten werden in Einzelfällen auch wiederholt aufgesucht, um festzustellen, ob sich die Situation vor Ort verändert hat. Bei Nichtantreffen von bekannten Personen kann meist nicht nachverfolgt werden, welche weiteren Entwicklungen hier im Einzelfall erfolgten. Eine einzelfallbezogene Evaluation ist aber grundsätzlich nicht vorgesehen, da die Projekte nicht begleitend konzipiert sind, was mit deutlich höheren Kosten verbunden wäre. Einzelfallhilfen sind durch die aufsuchende Sozialarbeit nicht umsetzbar, nur vermittelbar auf freiwilliger Basis.

    Das Amt für Soziales führt neben den unmittelbaren Rücksprachen im Einzelfall auch regel­mäßig Auswertungsgespräche im Rahmen der Zuwendungsförderung und Fachaustausch­treffen mit den aufsuchenden Projekten durch, in denen die Wirksamkeit der Projektarbeit thematisiert wird.

  5. Sind Erweiterungen der aufsuchenden Sozialarbeit an weiteren Orten im Bezirk geplant, die bisher möglicherweise nicht ausreichend erreicht wurden oder in der Vergangenheit Treffpunkte waren? Im speziellen der Malchower Park, Malchower Auen, Zum Hechtgraben, Wustrower Park, Zingster Str. und der Wartenberger Grünzug.

    Die einzelfallbezogene Beauftragung der Projektträger erfolgt vom Amt für Soziales jeweils umgehend nach der Vorlage von Informationen über festgestellte obdachlose Personen im öffentlichem Raum in Lichtenberg und die Projektträger werden im Rahmen ihrer personellen Verfügbarkeit umgehend oder sehr zeitnah (in der Regel binnen ein bis zwei Tagen) tätig. Dies gilt für das Bezirksgebiet ohne örtliche Einschränkungen. Die o. g. Orte können also anlassbezogen ebenfalls aufgesucht werden.

    Aus Sicherheits- und Interventionsgründen gibt das Amt für Soziales vor, dass immer zwei Mitarbeitende aus den Projekten einen Außeneinsatz durchführen sollen. Die zeitlichen Kapazitäten der Projekte sind grundsätzlich entsprechend begrenzt. Eine konzeptionelle Weiterentwicklung im Zusammenhang mit der Einführung von regelmäßigen Brennpunkt­routen ist prinzipiell möglich, steht jedoch unter einem Finanzierungsvorbehalt.

  6. Welche langfristigen Strategien verfolgt der Bezirk, um obdachlosen Menschen nachhaltig zu helfen, insbesondere an den Orten, an denen sie am dringendsten Unterstützung benötigen?

    Hier muss unterschieden werden zwischen obdachlosen Menschen, die einen Hilfebedarf signalisieren und Hilfen annehmen wollen und obdachlosen Menschen, die das in Berlin bestehende Hilfesystem nicht annehmen wollen oder können.

    Grundsätzlich bieten die Ämter für Soziales jeder obdachlosen Person ein Unterkunftsplatz in einer Einrichtung für wohnungslose Menschen (oder hilfsweise in einer Pension o. ä.) an. Dabei wird auch der finanzielle Lebensunterhalt abgeklärt, insbesondere im Hinblick auf die Vermeidung von Obdachlosigkeit und zur Einschätzung der Nachhaltigkeit der Unter­bringung. Die Annahme der Hilfsangebote ist freiwillig.

    Die zuwendungsgeförderte „Aufsuchende Sozialarbeit Lichtenberg“ wurde eingerichtet, um die jeweiligen Orte, an denen sich obdachlose Personen aufhalten, zeitnah aufsuchen zu können und ihnen notwendige Informationen zu weitergehenden Hilfen zukommen zu lassen. Außerdem können so ggf. Einzelfallhilfen initiiert oder Kriseninterventionen ange­boten werden. Hier ist das langfristige Ziel, diese Zuwendungsförderung aufrecht zu erhalten und gegebenenfalls weiter auszubauen.

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