Flächennutzungsplan für die Anlage Falkenhöhe 1932 ändern (III) – Sicherheit und Haftung (Kleine Anfrage)

Umsetzung des BVV-Beschlusses zur Drucksache 2045/VIII

03.03.23 –

Vorgang: KA/0325/IX

Das Bezirksamt wird um folgende Auskunft gebeten:

  1. Wie begründet das Bezirksamt seine Aussage, dass die im Frühjahr 2022 in Betracht gezogenen Planungsüberlegungen aufgrund der für den Landeshaushalt entstehenden Kosten sowie im Hinblick auf den Verlust von Außenbereichsflächen wirtschaftlich nicht vertretbar sind?[1]
    Grundsätzlich ist festzustellen, dass aufgrund der Kenntnisse und Erfahrungen über Planungs- und Erschließungskosten davon ausgegangen werden kann, dass diese Kosten bei Ausweisung eines Baugebietes im Zuge eines Bebauungsplanverfahrens und damit einhergehender Erschließungsverpflichtung erheblich sein werden. Das Bezirksamt hat u.a. abzuwägen, ob dieser Aufwand und die Nutzungsumwandlung kommunaler Flächen zugunsten eines eingeschränkten Nutzerkreises den Nutzen rechtfertigen und mit den öffentlichen Interessen an der Nutzung kommunaler Flächen vereinbar ist.

    Zudem sollen hier Außenbereichsflächen gem. § 35 BauGB bebaut werden. Dies stünde im Widerspruch zu dem grundsätzlich den §§ 1, 1a, § 35 BauGB zu entnehmenden Schutz von Außenbereichsflächen vor Zersiedelung und Bebauung mit nicht notwendiger­weise auf Außenbereichsflächen angewiesenen Bauvorhaben. Bei einer Bebauung mit Wochenendhäusern handelt es sich auch nicht um eine im Außenbereich privilegierte Be­bauung. Zudem würde mit Wochenendhäusern auf Pachtgrundstücken, in denen ein Dauerwohnen nicht erlaubt ist, kein zusätzlicher Wohnraum geschaffen.
     
  2. Welche Mehreinnahmen sind aus den aktuellen Erholungspachtverträgen (im Vergleich zu der ehemaligen Kleingartenpacht) jährlich für die Landes- bzw. Bezirkskasse zu erwarten?
    Bei Vollverpachtung aktuell rund 210.000 € jährlich.
     
  3. Welchen absoluten und welchen relativen Anteil der Einnahmen aus der Verpachtung der Parzellen zur Erholungsnutzung oder welche sonstigen Haushaltsmittel beabsichtigt das Bezirksamt, in die Wiederherstellung oder Aufrechterhaltung der Sicherheit in der Siedlung Falkenhöhe zu investieren?
    Für die Bewirtschaftung wurden für die Jahre 2024 & 2025 jeweils 30.000 € veranschlagt. Aktuell ist keine feste Summe festgeschrieben.
     
  4. Ist, neben der wirtschaftlichen Kostenbewertung, auch eine Abwägung der dem Bezirksamt bereits bekannten und dokumentierten Sicherheitsrisiken erfolgt, bzgl.:

    a)      der Siedlungsnutzung,
    b)      dem fast vollständigen Abbau der flächendeckend vorhandenen öffentlichen Straßenbeleuchtung,
    c)      der fehlenden Fahrbahninstandhaltung, nachdem die Verkehrssicherungspflicht dem Verein 2021 entzogen wurde und diese somit vollständig auf das Bezirksamt übergegangen ist,
    d)      der Sperrung ehemals vorhandener Zufahrten und Unterbleiben einer Ausweisung einer Notzufahrt zur Sicherstellung der Ver.- und Entsorgung (bei tage- und wochenlangen Sperrungen der einzigen verbliebenden Zufahrt) und
    e)      des auch zukünftig weiterbestehenden Bedarfs der in Falkenhöhe liegenden Fahrbahnen (inkl. der Privatstraßen) für die verkehrliche Erschließung der Schule, da die Zufahrt Straße 3 den an- und abfließenden Verkehr bereits vor Beginn der derzeit stattfindenden Bauarbeiten nicht aufnehmen konnte und nach Beendigung der Baumaßnahmen zusätzliche Engstellen hinzukommen sollen?

     

    a)      Die vom Vereinsvorstand in der vereinseigenen Chronik vertretene Auffassung, es habe sich bei der Anlage Falkenhöhe 1932 von Beginn an um keine KGA ge­handelt, sondern um eine „bewohnte Siedlung“, wird vom Bezirksamt nicht geteilt. Die der Chronik beigefügten Anlagen können diese Theorie nicht belegen. Es sind lediglich in Einzelfällen (teilweise nur befristete oder auf die Sommersaison beschränkte) Erlaubnisse erteilt worden. Die Vielzahl der Parzellen und die nur wenigen belegbaren Ausnahmen für eine Wohnbebauung belegen, dass die Anlage sich gerade nicht zu einem Wohngebiet entwickelt hat.

    b)      Dem Bezirksamt ist dazu nichts bekannt.

    c)      Der Zustand der Wege wurde dokumentiert. Kritische Bereiche wurden instandgesetzt bzw. wurde deren Instandsetzung beauftragt.

    d)      Wie bereits mehrfach mit dem Vereinsvorstand erörtert, bestehen keine be­sonderen Sicherheitsrisiken für die Nutzer und legalen Bewohner in der Anlage oder deren Besucher. Die Anlage ist über die Straße 3 zu erreichen. Rettungskräfte oder Feuerwehr und unter bestimmten Voraussetzungen auch Fahrzeuge der Straßenreinigung bzw. der Müllabfuhr sind im Notfalleinsatz auch nicht an die Beschränkungen der StVO gebunden (§ 35 Abs. 5a und Abs. 6 StVO). Sie können also auch bei grundsätzlicher Beschränkung von Straßen für Fahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht über 7,5 t die Anlage über die Grüne Trift erreichen. Der Hauptweg lässt Zugang und Zufahrt für Fahrräder von der Falkenberger Chaussee her zu. Da der Hauptweg im südlichen Teil nicht ausreichend ausgebaut ist und es sich zudem um einen Schulweg handelt, kann eine vollständige Öffnung für den Durchgangsverkehr mit Pkw oder gar Lkw hier nicht erfolgen.
    Eine Abwägung ist erfolgt. Ergebnis im aktuellen Fall der anhaltenden Bauarbeiten in der Straße 3 ist, dass die Gewichtsbeschränkung der Grünen Trift zeitweilig aufgehoben wurde. Folglich ist die Erreichbarkeit durch Einsatzkräfte, Ver- und Entsorger gesichert.

    e)      Dem Bezirksamt ist dazu nichts bekannt.

  5. Aus welchen Gründen (unter Berücksichtigung von 5a – 5c) ist das Festhalten an dem faktisch falschen FNP der bewohnten Siedlung Falkenhöhe aus Sicherheits- und Haftungsgründen vertretbar, da das beabsichtige Planungsziel Grünfläche dauerhaft unrealistisch ist und unerreichbar bleibt:
    a)      gerichtlichen Entscheidungen (keine Kleingartenanlage),
    b)      Abschluss der Erholungspachtverträge und
    c)      Einstellen des Bebauungsplanverfahren 11-103 und damit Nichterreichen der bezirklichen Zielstellung, „die nach SachenRBerG ausgegliederten Parzellen nach Aufgabe der Wohnnutzung nach Möglichkeit wieder in die KGA zu integrieren…“?[2]

     

    Die Zuständigkeit für eine Änderung des Flächennutzungsplanes (FNP) liegt bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen. Beschlossen werden muss die Änderung jedoch vom Abgeordnetenhaus von Berlin.
    Der FNP für Berlin stellt im Rahmen der vorbereitenden Planung Entwicklungsziele dar. Es ist richtig, dass das Entwicklungsziel „Kleingarten“ vom Bezirksamt nicht mehr verfolgt wird, was auch der Beschluss zur Einstellung des Bebauungsplanverfahrens 11-103 fest­hält. Seitens der für den FNP zuständigen Senatsverwaltung wurden zu der Einstellung des B-Planverfahrens keine Bedenken geäußert. Insofern sollte der FNP hinsichtlich der Zweckbestimmung der Grünfläche „Kleingarten“ entsprechend ge­ändert werden. Der FNP ist zwar mit Bezug auf die vertiefenden Planungsziele z.B. im Rahmen der verbindlichen Bauleitplanung behördenintern verbindlich, er entfaltet jedoch keine Rechtswirksamkeit nach außen, d.h. die Zulässigkeit von konkreten Vorhaben im Sinne des § 29 BauGB kann aus diesem Planwerk nicht rechtsverbindlich abgeleitet werden.

    Inwiefern Sicherheits- oder Haftungsgründe sich zu den Darstellungen des FNP in Be­ziehung setzen lassen sollen, ist unverständlich. Gerichtliche Entscheidungen, die die Anlage als zum Siedlungsgebiet Berlins zugehörig einordnen gibt es nicht. In einem zivil­rechtlichen Verfahren wurde lediglich festgestellt, dass die Pachtvertragsverhältnisse nicht mehr dem Bundeskleingartengesetz unterfallen. Darin wird allerdings keinerlei Aussage zu dem öffentlich-rechtlich zu beurteilenden planungsrechtlichen Status der Anlage oder gar einer Zulässigkeit von Bauvorhaben getroffen.

    Die für die Entscheidung in öffentlich-rechtlichen Fragen zuständigen Verwaltungsgerichte haben in mehreren Verfahren die Anlage als im Außenbereich nach § 35 BauGB ge­legene Anlage eingeordnet. Die Bebauungsmöglichkeiten für die Parzellen oder Grund­stücke richten sich nach § 35 BauGB und nicht nach dem für den Innenbereich geltenden § 34 BauGB.

    Vom Straßen- und Grünflächenamt als Vertreter des Landes Berlin (Eigentümer und Verpächter) können also derzeit nur Verpachtungen vorgenommen werden, die reinen Erholungszwecken dienen. Eine Verpachtung zum Zweck des Dauer-oder Freizeitwohnens ist nicht möglich. Davon unberührt bleiben natürlich bestehende Nutzungsrechte, für die ggf. ein öffentlich-recht­licher Bestandsschutz nachgewiesen werden kann (Baugenehmigung o.ä.).

  6. Wie lässt sich formal das unzutreffende Lagesymbol Kleingarten für die Anlage Falkenhöhe 1932 im Flächennutzungsplan des Landes Berlin tilgen und was unternimmt das Bezirksamt hierzu?
    Die Zuständigkeit für den Flächennutzungsplan (FNP) liegt bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen.
    Prinzipiell ist die Entfernung des Lagesymbols nur über ein formelles FNP-Änderungs­verfahren möglich, was allerdings eine Änderung der dargestellten Grünfläche nicht einschließen würde. Für ein einzelnes Symbol ist der dafür erforderliche Verwaltungsaufwand unverhältnismäßig. Die Entfernung eines Lagesymbols könnte einbezogen werden, sofern ein anderes FNP-Änderungsverfahren in räumlicher Nähe durchgeführt wird.
     
  7. Wie wird die aktuelle Haftungsfrage für den Bezirk im Schadensfall eingeschätzt, da die Sicherheitslage unter Grünflächenverwaltung (vgl. Frage 4 und Vorgänge um die Zwangseinführung der grünflächengerechten Sammeladresse)[3] dem Bezirksamt hinlänglich bekannt sowie entsprechender Schriftverkehr mit dem Verein bzw. Betroffenen aktenkundig ist?
    siehe Antwort zu Frage 4
     
  8. Auf welcher Grundlage wurde entschieden, Falkenhöhe 1932 als Verdachtsfläche in das Bodenbelastungskataster aufzunehmen und die Siedlung Wartenberg nicht,[4] obwohl sich beide Siedlungsgebiete in unmittelbarer Nähe befinden, annähernd zur gleichen Zeit gegründet wurden, gleich genutzt und mit den gleichen Medien erschlossen bzw. nicht erschlossen waren?
    Im Rahmen der Erstellung des Bodenbelastungskatasters (BBK) wurden in den 1990iger Jahren alle verfügbaren Informationen gesammelt, die einen Hinweis auf eventuelle Bodenbelastungen oder schädliche Bodenveränderungen geben konnten. Hierzu zählten zum einen Befragungen in den vorhandenen Betrieben zur Nutzung der Flächen sowie Recherchen zur historischen Nutzung von Flächen, Auswertung damals bereits vor­liegender Bodenuntersuchungen, Bohrprofile von Brunnen etc. Flächen wurden und werden bei Vorliegen von hinreichendem Verdacht als altlastenverdächtig eingestuft und im BBK mit allen bekannten Informationen hinterlegt. Im Zuge von Baumaßnahmen oder Nutzungsänderungen müssen die Sachverhalte (meist) von der Vorhabenträgerin oder Eigentümerin in Absprache mit der zuständigen Bodenschutzbehörde aufgeklärt und daraus Maßnahmen abgeleitet werden. Da die Informationen zu der vorliegenden Be­lastungssituation sensibel sind, da sie z.B. den Wert von Grundstücken beeinflussen, sind diese Daten primär nur für die jeweilige Flächeneigentümerin zugänglich. Sie kann auch einer anderen Person per Vollmacht erlauben, Auskünfte aus dem BBK einzuholen. Daher kann in diesem Rahmen keine Aussage zu den angesprochenen Arealen gemacht werden.
    Die unmittelbare Nähe einer Verdachtsfläche zu einer angrenzenden Fläche ist noch kein Grund, dass ein anderes Grundstück ins BBK aufgenommen werden muss. Es müssen Verdachtsmomente vorliegen, die eine Aufnahme in das BBK begründen. Diese können sich auch weiterhin beispielsweise aus der aktuellen Nutzung ergeben.
     
  9. Gibt es Überlegungen, den tatsächlichen Status der Bodenbelastung in der Anlage Falkenhöhe zu ermitteln, um so dort und in den angrenzenden Kleingartenanlagen Am Hechtgraben und Falkenhöhe Nord Gefahren aus der gärtnerischen Nutzung auszuschließen?
    Das Umwelt- und Naturschutzamt führt jährlich Untersuchungen von BBK-Flächen auf Kosten des Bezirkes durch. Diese dienen der Erstermittlung der Situation auf BBK-Flächen. Das Ziel ist die Feststellung, ob der Altlastenverdacht sich erhärtet oder widerlegt werden kann. Ziel ist es dabei nicht, eine bestimmte Nutzung (Kleingartennutzung) auszu­schließen. Die Aufgabe des Umwelt- und Naturschutzamtes, Sachgebiet Boden- und Grundwasserschutz, ist u. a. festzustellen bzw. zu prüfen, ob eine geplante bzw. aktuelle Nutzung gefahrlos möglich ist. Im Ergebnis der Untersuchung kann ein Verbot, eine Beschränkung oder eine uneingeschränkte Nutzung ausgesprochen werden. Dies ist immer im Einzelfall anhand der Untersuchungsergebnissen, auch unter dem Aspekt der Verhältnismäßigkeit, zu bewerten. Aktuell gibt es keine konkreten Planungen die be­nannten Anlagen zu untersuchen.

[1]Vgl. Abgeordnetenhaus Berlin: Schriftliche Anfrage 19/14149, Antwort vom 19.12.2022, Antwort zu Frage 5
[2] Vgl. Chronik Falkenhöhe 1932, S. 76-78, http://www.falkenhoehe1932.de/Archiv/ > Datei: 22.12.07_Chronik zur Siedlungsnutzung mit Anlagen - Kopie.pdf (13.84MB)
[3] Vgl. Chronik Falkenhöhe 1932, S. 68-74, http://www.falkenhoehe1932.de/Archiv/ > Datei: 22.12.07_Chronik zur Siedlungsnutzung mit Anlagen - Kopie.pdf (13.84MB)
[4] Vgl. Begründung zum Bebauungsplan XXII-B1, Kapitel: I.2.2.4 Altlasten/ Baugrund

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