Kleine Anfrage: Denkmalpflege im Bezirk

26.10.22 –

Vorgang: KA/0238/IX

Das Bezirksamt wurde um folgende Auskunft gebeten: 

  1. Welche Denkmale im Bezirk sind in ihrer dauerhaften Erhaltung nach Kenntnis der Unteren Denkmalschutzbehörde gefährdet?
    Folgende Denkmale sind in ihrer dauerhaften Erhaltung gefährdet:

    -          Gotlindestraße 80, Friedhofskapelle, um 1890

    -          Wohnanlage Andernacher Straße 5, 5A Königswinterstraße 24, 24A

    -          Rundlokschuppen Rummelsburg

    -          Josef-Orlopp-Straße 56 Gewerbebauten der Konsumgenossenschaft und Umgebend

  2. Wodurch sind die benannten Denkmale in ihrer dauerhaften Erhaltung gefährdet?
    Die o.g. Denkmale sind aufgrund fehlender Nutzungsmöglichkeiten (Leerstand), häufigen Eigentümerwechsels sowie fehlender rechtlicher Grundlagen gegen die Verfügungsberechtigten vorzugehen, in ihrem Bestand gefährdet.
     
  3. Für welche Denkmale im Bezirk gibt oder gab es in den letzten 10 Jahren Denkmalpflegepläne?
    Der Denkmalpflege- und Entwicklungsplan für das Stadtbad Lichtenberg wurde im Februar 2014 aufgestellt. Dies ist der einzige Plan, der in den letzten 10 Jahren aufgestellt wurde.
     
  4. Unter welchen Voraussetzungen ergibt es für das Bezirksamt Sinn, einen Denkmalpflegeplan anzuordnen?
    Nach § 8 Absatz 3 Denkmalschutzgesetz Berlin (DSchG Bln) kann für Denkmale die Erstellung von Denkmalpflegeplänen angeordnet werden, sofern dies „zur dauerhaften Erhaltung der Denkmale“ sowie „zur Vermittlung des Denkmalgedankens und des Wissens über Denkmale“ erforderlich ist. Denkmale sind nach diesen Denkmalpflegeplänen im Rahmen des Zumutbaren zu erhalten und zu pflegen.

    Als gesetzliche Voraussetzungen für das behördliche Verlangen nach einem Denkmalpflegeplan nennt § 8 Abs. 3 Satz 1 DSchG Bln zunächst die dauerhafte Erhaltung von Denkmalen aller Art, aber auch die Vorsorge gegen Gefahren. Zweiter Anknüpfungspunkt für einen Denkmalpflegeplan kann das Anliegen der Vermittlung des Denkmalgedankens und des Wissens über Denkmale sein; gemeint sein können z.B. Vorkehrungen gegen das Untergehen der geschichtlichen Aussage eines Denkmals. Die Feststellung, wonach die Erstellung eines Denkmalpflegeplans aus den genannten Gründen „erforderlich“ ist, setzt beispielsweise voraus, dass die Unterlassung einer laufenden Instandhaltung für das betreffende Objekt von Schaden sein kann oder dass ein Maßnahmenpaket als geeignete Lösung zur Vermeidung nachteiliger Veränderungen eines Denkmals gesehen wird, vornehmlich in Fällen, in denen bereits Veränderungen oder der Verlust der Denkmalsubstanz oder der geschichtlichen Aussage eingesetzt haben. Verbreitet sind deshalb sog. Parkpflegewerke für Gartenanlagen (z.B. die Denkmalpflegepläne für die Außenanlagen der Wohnanlage Flußpferdhof und des evangelischen Krankenhauses Königin Elisabeth Herzberge), die ohnehin verstärkte laufende Bemühungen um das Zusammenwirken von Natur und Denkmal erfordern. Nach den Erfahrungen des Bezirksamtes, ist die Erstellung eines Denkmalpflegeplans nur in enger Abstimmung mit dem Verfügungsberechtigten sinnvoll.

  5. Welche Erfahrungen hat das Bezirksamt mit der Umsetzung von Denkmalpflegeplänen gesammelt und für wie wirksam hält es dieses Mittel zum dauerhaften Erhalt des Denkmals sowie zur Vermittlung des Denkmalgedankens und des Wissens über Denkmale?
    Die im Bezirk Lichtenberg existierenden Denkmalpflegepläne unterstützen die Vorbereitung von Maßnahmen an und die dauerhafte Pflege von Denkmalen in der Praxis. Einige der Denkmalpflegepläne bedürfen einer Überarbeitung hinsichtlich des Umgangs mit den neuen Gesetzgebungen wie dem Solargesetz Berlin sowie Anpassungen der Ersatzpflanzungen an klimatische Veränderungen.
     
  6. Mit wie vielen Anträgen wurde in den letzten 10 Jahren die Beseitigung eines Denkmals beantragt und wie viele dieser Anträge wurden genehmigt?
    Seit 2012 gab es fünf Anträge auf Abriss von Denkmalen im Bezirk Lichtenberg, die im Einvernehmen mit dem Landesdenkmalamt Berlin genehmigt wurden.
     
  7. Mit wie vielen Anträgen wurden in den letzten 10 Jahren bauliche Maßnahmen in der unmittelbaren Umgebung eines Denkmals beantragt und wie viele dieser Anträge wurden bewilligt?
    Der Umfang der Frage übersteigt die Personalressourcen der Unteren Denkmalschutzbehörde Lichtenberg und ist wegen des hohen Arbeitsaufwandes auf Grund der Vielzahl der denkmalgeschützten Gebäude im Bezirk Lichtenberg nicht zu leisten, daher kann eine Beantwortung dieser Frage nicht erfolgen.
     
  8. Für welche Denkmale sind in den letzten 10 Jahren denkmalrechtliche Genehmigungen unter der Auflage, einen Denkmalpflegeplan zu erstellen, erteilt worden?
    Für kein Denkmal ist in den letzten 10 Jahren eine denkmalrechtliche Genehmigung unter der Auflage, einen Denkmalpflegeplan zu erstellen, erteilt worden.
     
  9. Wie bestimmt sich der Rahmen des Zumutbaren, in dem ein Verfügungsberechtigter verpflichtet ist, ein Denkmal instand zu halten und instand zu setzen, es sachgemäß zu behandeln und vor Gefährdungen zu schützen?
    Zumutbar ist das vom Denkmalschutzgesetz angesonnene Verhalten dann, wenn eine Abwägung aller einschlägigen individuellen Gesichtspunkte unter Berücksichtigung der objektiven Lage und unter Berücksichtigung des Verfassungsgrundsatzes der Sozialbindung des Eigentums ergibt, dass ein solches Verhalten in Fällen dieser Art billigerweise verlangt werden kann. Das Denkmalrecht ist weitgehend vom Prinzip der Zumutbarkeit als Grenze vieler denkmalrechtlicher Pflichten gekennzeichnet. Bei der Prüfung der Zumutbarkeit müssen objektive und subjektive Umstände einfließen, dies sind u.a. die Wirtschaftlichkeit, Zustand und Bedeutung des Denkmals, öffentliches Interesse, private Vermögensverhältnisse. Positionen der Wirtschaftlichkeitsberechnung sind die Kosten der Erhaltung und Bewirtschaftung einerseits sowie seine Erträge bzw. sein Gebrauchswert anderseits.
     
  10. Welche Sanktionsmöglichkeiten gibt es, sollte ein Verfügungsberechtigter eine unmittelbare Gefahr für den Bestand des Denkmals herbeiführen oder ein Vorhabenträger ohne eine erforderliche denkmalrechtliche Genehmigung in unmittelbarer Umgebung eines Denkmals bauen?
    Gemäß § 8 Abs. 2 DSchG Bln kann der Verfügungsberechtigte durch die zuständige Denkmalbehörde verpflichtet werden, bestimmte Maßnahmen zur Erhaltung des Denkmals durchzuführen. Kommt der Verfügungsberechtigte seiner Verpflichtung nach Absatz 1 Satz 1 nicht nach und droht hierdurch eine unmittelbare Gefahr für den Bestand eines Denkmals, kann die zuständige Denkmalbehörde die gebotenen Maßnahmen selbst durchführen oder durchführen lassen. Der Verfügungsberechtigte kann im Rahmen des Zumutbaren zur Erstattung der entstandenen Kosten herangezogen werden. Mieter, Pächter und sonstige Nutzungsberechtigte haben die Durchführung der Maßnahmen zu dulden.

    Der denkmalrechtliche Umgebungsschutz ergänzt den bauordnungsrechtlichen Umgebungsschutz. Danach darf die unmittelbare Umgebung eines Denkmals, soweit sie für dessen Erscheinungsbild von prägender Bedeutung ist, durch Errichtung oder Änderung baulicher Anlagen, durch die Gestaltung der unbebauten öffentlichen und privaten Flächen oder in anderer Weise nicht so verändert werden, dass die Eigenart und das Erscheinungsbild des Denkmals wesentlich beeinträchtigt werden. Damit soll gewährleistet werden, dass die jeweilige besondere Wirkung des Baudenkmals, die es als Kunstwerk, als Zeuge der Geschichte oder als bestimmendes städtebauliches Element auf den Betrachter ausübt, nicht geschmälert wird.

    Die unmittelbare Umgebung eines Denkmals ist der Bereich, innerhalb dessen sich die bauliche oder sonstige Nutzung von Grundstücken oder von öffentlichen Flächen auf das Denkmal prägend auswirkt. Einer Genehmigung gemäß § 11 Abs. 2 DSchG Bln bedarf ferner die Veränderung der unmittelbaren Umgebung eines Denkmals, wenn diese sich auf den Zustand oder das Erscheinungsbild des Denkmals auswirkt.

    Die untere Denkmalschutzbehörde wird im Rahmen des Baugenehmigungsverfahren in der unmittelbaren Umgebung von Denkmalen um Stellungnahme ersucht. Die untere Denkmalschutzbehörde prüft im Einzelfall, ob und inwieweit Bauvorhaben in der Umgebung diese wesentlich beeinträchtigende Wirkung auf ein Denkmal ausüben.

    Ihre Beurteilung setzt eine an den für die Denkmalwürdigkeit maßgeblichen Kriterien orientierte (kategorienadäquate) Betrachtung voraus. Es ist darauf abzustellen, welche der in § 4 Abs. 2 DSchG genannten Merkmale die Schutzwürdigkeit des Denkmals konkret begründen, und mit Rücksicht auf diese Merkmale wertend einzuschätzen, ob seine Eigenart und sein Erscheinungsbild durch die Veränderung seiner unmittelbaren Umgebung Schaden nehmen.

    Werden genehmigungspflichtige Maßnahmen ohne Genehmigung begonnen, so kann die zuständige Denkmalbehörde gemäß § 13 Abs. 2 DSchG Bln die vorläufige Einstellung anordnen.

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Anfrage | Bürgernähe, Verwaltung, öffentliche Ordnung | Wohnen und Stadtentwicklung