Grunflächenpflege: Ist der Bezirk ausreichend ausgestattet?

12.03.24 –

Vorgang: KA/0625/IX

Das Bezirksamt wird um folgende Auskunft gebeten:

  1. Wie steht das Bezirksamt zu der Idee, landesweit für die Grünflächenpflege eine Mindestveranschlagung festzulegen, wie es sie bspw. in der Tiefbau-, Hochbau- und Schulgebäudeunterhaltung  gibt? (siehe Schriftliche Anfrage aus dem AGH Drucksache 19 / 17 490)
    Bekanntermaßen richtet sich die Zuweisung der Produkte nach den jeweiligen Median. Liegt ein Bezirk unter den Median, so macht er „Gewinne“; liegt er darüber, so macht er „Verluste“. Das Budgetierungssystem schafft dabei einen Anreiz für die Bezirke seine Kosten in den jeweiligen Produkten zu senken und möglichst wirtschaftlich zu arbeiten, damit er keine Verluste generiert.

    Das System führt jedoch zu Ungerechtigkeiten zwischen den Bezirken. Wenn ein Bezirk zum Beispiel kaum Personal einstellt oder einstellen kann und nur das Notwendigste in den Grünanlagen durch beauftragte Unternehmen erledigen lässt, dann wird infolgedessen der jeweilige Produktpreis ggf. unter den Median sinken. Der Bezirk wird für seine Untätigkeit belohnt, weil er für das Produkt eine höhere Zuweisung lt. Median bekommt. Keiner fragt dabei, wie die Grünanlagen aussehen und welchen Pflegezustand sie haben. Die SenUMVK hat erkannt, dass „…Die regelhafte Finanzierung der bezirklichen Grünunterhaltung im Rahmen der Globalsumme der Bezirke (konsumtiv und investiv) wird unter den gegebenen Rahmenbedingungen den diversen Anforderungen (verstärkte Beanspruchung der Flächen durch die Nutzenden, klimagerechter und biodiversitätsfördernder Umbau, Sicherung einer substanz- und leistungserhaltenden Pflege) nicht mehr gerecht… …. Es hat sich über die Jahre allein bei der Grünflächenunterhaltung ein Defizit in Höhe von über 40 Mio. € aufgebaut. Das Investitionsdefizit beträgt ein Vielfaches davon und steigt weiter an….“ (schriftlichen Anfrage Nr. 19/17490 „Zukunft der Grünflächen- und Baumpflege).

    Das Budgetierungssystem hat hier einen eklatanten systemischen Fehler, indem es falsche Anreize setzt, die zu einer Verschlechterung des Pflegezustandes der öffentlichen Grünflächen in Berlin führen. Wegesanierungsarbeiten oder Erneuerungen von Spielgeräten sind mit den sinkenden Mitteln gar nicht mehr möglich und das führt zu einer weiteren Verschlechterung der baulichen Substanz.

    Ein weiterer Faktor, der nicht zu verstehen ist, ist ein sinkender Median trotz steigender Preise durch die Inflation. Um den Mechanismus zu verdeutlichen seien als Beispiel die Medianentwicklung der Produkte 80932 (Einfache Grünanlage) und 80933 (übliche Grünanlage) aufgeführt. Dies führt bei einigen Bezirken tatsächlich zu Verlusten, die nicht mehr nachvollziehbar und auch nicht beeinflussbar sind.

    Produkt Median 2022  Median 2023

    (EUR/Monat/100qm)

    80932  16,36   14,74

    80933           7,67                  5,99 €

    Ferner soll die Zielvereinbarung zur qualitativen Verbesserung der Pflege und Unterhaltung der öffentlichen Grünanlagen in bezirklicher Verwaltung dienen, die zwischen den Bezirken, der Sen MVKU und der Senatsverwaltung für Finanzen für den Doppelhaushalt 2020 und 2021 abgeschlossen worden ist und zunächst fortgeschrieben wurde (nach Auskunft der Sen MVKU ruht sie derzeit allerdings leider). Der Zielvereinbarung dienen als Indikatoren für die Sicherung der Qualitätsstandards u.a. die Personalleistungen und finanziellen Mittel, die in die Grünanlagen investiert werden sollen. Je mehr Ressourcen die Bezirke hier investieren, desto besser wird die Zielvereinbarung erfüllt.

    Das Dilemma sieht also so aus:
    Entweder erfüllt ein Bezirk die Zielvereinbarung, schneidet dann aber in der KRL schlecht ab und macht insoweit Verluste. Oder ein Bezirk "gewinnt" in der KLR, erfüllt dann aber nicht die Zielvereinbarung und macht insoweit aufgrund der dann drohenden Basiskorrektur Verluste. Gerade aufgrund des Sparzwangs in vielen Bezirken wird das Dilemma oftmals in letztgenannter Weise aufgelöst. Letztlich ist dann das Stadtgrün Leidtragender - und damit auch die Menschen in Berlin, denen wichtige Erholungsorte verloren gehen.

    Hier ist die SenUMVK gefragt, eine gesamtstädtische Lösung zu finden und durchzusetzen.

    Eine Teillösung wäre, eine sogenannte Leitlinie bei den Produkten einzuführen, welche eine Mindestfinanzierung und auch einen Mindesteinsatz der Mittel für die Unterhaltung der öffentlichen Grünanlagen garantiert.

    Es ist allen Bezirksstadträt:innen ein wichtiges Anliegen, die Unterhaltung unserer Grünanlagen in ausreichendem Maße sicherzustellen. Aus diesem Grund werden wir gemeinsam an den Senat herantreten, mit der Bitte um Klärung, welche Qualitätsstandards bei der Grünflächenpflege gelten sollen, und diese Qualitätsstandards müssen dann auch in der Regelfinanzierung enthalten und im Kontext der Gesamtfinanzierung gedacht sein. So könnte zum Beispiel eine Mindestfinanzierung und auch ein Mindesteinsatz der Ressourcen für die Unterhaltung der öffentlichen Grünanlagen definiert werden, um die Abwärtsspirale der bezirklichen Investitionen in die Grünanlagen zu durchbrechen und die Intention der genannten Zielvereinbarung zur vollen Geltung zu bringen. Die Straßen- und Grünflächenämter würden damit endlich in die Lage versetzt, die Parkanlagen für die Menschen in Berlin in einen angemessenen und attraktiven Zustand zu versetzen.
     
  2. Welche Hindernisse stehen einer hochwertigen Grünflächenpflege entgegen? Welche personellen Ressourcen werden für eine qualitätsorientierte Pflege der Grünflächen benötigt?
    Grundsätzlich ist das Straßen- und Grünflächenamt (SGA) bestrebt, geeignete Flächen, die die Kategorie „übliche Grünflächen“ haben als Kategorie „hochwertige Grünfläche“ zu qualifizieren. Dies aus zwei Gründen. Zum einen tragen die intensiver gepflegten hochwertigen Grünanlagen zu einem höheren Erholungswert bei für die Bevölkerung bei und zum anderen bekommt der Bezirk mehr Mittel dafür zugewiesen als für eine übliche Grünfläche.
    Das SGA hat in den letzten Jahren bereits folgende Grünanlagen höherqualifiziert, die durch die Clearingstelle der SenUMVK auch anerkannt worden sind (siehe Tabelle).

    Es gibt zwei Schwierigkeiten, höherwertige Flächen anzumelden und anerkennen zu lassen.

    1. Notwendige Investitionen

    Höherwertige Grünflächen werden nur mit einem Mindeststandart an Ausstattung und Pflanzung anerkannt. Das erfordert in der Regel, dass zunächst einmal investiert werden muss. Die Mittel dazu stehen im Haushaltsplan jedoch nicht in einem ausreichenden Maße zur Verfügung.

    2. Ausreichend Personal

    Hochwertige Grünanlagen benötigen einen höheren Zeitaufwand für die Pflege. Bei einer fest stehenden Personalstärke bedingt durch den Stellenplan im Haushaltsplan kann dies nur auf Kosten der Pflege der einfachen und üblichen Grünflächen umgesetzt werden.

    Das SGA muss demzufolge eine gute und leistbare Balance zwischen den verschiedenen Pflegeklassen (einfach, üblich und hochwertig) finden, damit der Pflegezustand aller Grün- und Erholungsflächen ein Mindestmaß erfüllt.

    Der Personalaufwand wird mit den sogenannten Betriebsdaten systematisch bei den hochwertigen Grünanalgen erfasst und der SenUMVK gemeldet. Er differiert je nach Bepflanzung, Monat und Größe. So entstanden in Haushaltsjahr 2023 Personalkosten von rund 268.000 €.

  3. Wie hoch ist der Anteil der dem Straßen- und Grünflächenamt tatsächlich zur Verfügung stehenden Finanzmittel im Vergleich zu den durch den Senat im Rahmen der Globalsummenzuweisung budgetierten Mitteln für die Grünunterhaltung?
    Der Bezirk hat die erwirtschafteten Verluste im Jahr 2024 zwar ausgeglichen. Doch die Mittel reichen nicht aus, den Status Quo zu halten. Das führt zu Substanzverlust, weil weder Wege, noch Spielplätze in einem ausreichenden Maße instandgesetzt werden können oder genügend Bäume nachgepflanzt und gepflegt werden können.
     
  4. Wie steht das Bezirksamt zur Einführung eines neuen Produkts „Parkmanagement“ in den Produktkatalog der Bezirke? Gibt es andere Ideen für neue Produkte, die aus Sicht des Bezirksamtes hilfreich für die Pflege und den Unterhalt von Grünflächen im Bezirk sein könnten?
    Das Pilotprojekt „Parkbetreuung“ von der Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt wird von den Bürger:innen gerne und intensiv genutzt. Der Umgang mit Konflikten geht weit über die originären Aufgaben der Straßen- und Grünflächenämter hinaus, so dass die tägliche Beseitigung von Müll, Schäden durch Vandalismus und Übernutzung finanzielle und personelle Kapazitäten in großem Umfang bindet. Das Bezirksamt würde es begrüßen, wenn es zu einer Verstetigung der Mittel kommen würde.

    Die Tätigkeiten der Verwaltung innerhalb der Unterhaltung von Grünflächen ist vielfältig und weitreichend. Um die Pflege besser und die Unterhaltung transparenter zu gestalten, wäre es hilfreich zwei Produkte einzuführen.

    Einführung Produkt Anlagenbäume

    Eckdaten
    Das SGA Verwaltet und Pflegt 31.565 Straßen- und 50.196 Analagenbäume. Davon sind Rund 2/3 aller offenen Maßnahmen bei den Anlagenbäumen.
    Die Straßenbäume besitzen drei eigene Produkte und eine gesamtstätische Zielvereinbarung.

    Problemstellung
    Die Anlagenbäume haben kein eigenes Produkt und in der Kosten- und Leistungsrechnung werden die Anlagenbäume den Grünanlagenprodukten (einfachen, üblichen und hochwertigen Grünanlagen) zugeordnet. Dabei werden die Mengen nicht mitgezählt und die Pflege wird den Grünanlagen zugeschlagen. Diese Problemstellung betrifft alle Bezirke Berlins.

    Vorteil
    Durch die Einführung eines gesonderten Anlagenbaum Produktes würde eine transparentere Darstellung der Kosten und höherwertige Baumbestanderhaltung entstehen. Ein weiterer Vorteil ist, dass die Daten durch das Grünflächeninformationssystem schon vorhanden sind und es zu keinem zusätzlichen Aufwand bei der Erhebung kommt.

    Einführung Produkt Ausbildung Gärtner

    Eckdaten
    Im Bezirksamt Lichtenberg sind bis zu 25 Ausbildungsplätze für zukünftige Gärtner der Fachrichtung Garten- und Landschaftsbau eingeplant. Einen Teil dieser Plätze werden von Auszubildenden aus dem Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg besetzt.

    Problemstellung
    Für die Auszubildenden fallen Kosten an. Diese sind in der Kosten- und Leistungsrechnung den Grünanlagenprodukten (einfachen, üblichen und hochwertigen Grünanlagen) zugeordnet und belasten die Grünanlagenprodukte.

    Zu den kosten zählen z.B. die Kosten für Strom, Wasser und Gas in der Ausbildungsunterkunft, aber auch Kosten für die Anschaffung, Wartung und Reparatur von Fahrzeugen, Maschinen und Werkzeugen (z.B. Radlader, VW T5, Rüttelplatte, Betonmischer, Kleinsteinhammer, Wasserwaage usw.). Darüber hinaus sind die Kosten der Baustoffe (z.B. Zement, Kies, Splitt, Natursteine etc.) und den damit verbundenen Transportkosten zu berücksichtigen. Des Weiteren entstehen Personalkosten für die Praxisanleiter und Angestellten in der Verwaltung.

    Vorteil
    Durch die Einführung eines gesonderten Ausbildungsproduktes Produktes würde eine transparentere Darstellung der Kosten entstehen.

Kategorie

Anfrage | Bürgernähe, Verwaltung, öffentliche Ordnung | Klimaschutz, Umwelt, Grünflächen