"Lange Nacht für den Frieden" in der Ev. Kirchengemeinde Lichtenberg

Rede von Alexandra Heimerl zum Jahrestag des Ukrainekonflikts

24.02.23 –

Liebe Lichtenberger*innen, liebe Ukrainer*innen,  

zunächst einmal vielen Dank für die Einladung und das Ausrichten dieser so wichtigen Veranstaltung an diesem furchtbaren Jahrestag. Und auch vielen Dank an meine Vorrednerin für Ihre Gedanken und Ihr Engagement. 

Sie möchten von mir meine Ideen dazu hören, wie Frieden werden kann in der Ukraine. Meine Name ist Alexandra Heimerl und ich bin Bezirksverordnete für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Lichtenberg.

Zunächst einmal ist es mir wichtig zu klären, was für mich Frieden bedeutet. Frieden ist für mich mehr als die Abwesenheit von Krieg. Frieden bedeutet, in Freiheit leben zu können, ohne Unterdrückung und selbstbestimmt. Frieden ist die Abwesenheit von Gewalt und zwar jeder Art von Gewalt.

Es ist kein Frieden, wenn der Aggressor dem Opfer sagt, es soll einfach aufgeben“, so Annalena Baerbock gestern Abend in ihrer Rede vor den Vereinten Nationen

Wie kann also in der Ukraine Frieden werden, der mehr ist als ein Waffenstillstand und ein Verharren hinter den derzeitigen Fronten? 

Die finnische Ministerpräsidentin Sanna Marin erklärt die Lösung des Ukrainekonflikts wie folgt: „Der Weg aus dem Konflikt ist, dass Russland die Ukraine verlässt.“ Putins Russland hat mit dem Angriffskrieg jedoch gezeigt, dass es kein Interesse daran hat, die Ukraine in Frieden zu lassen.

Aus nationaler Perspektive könnte man nun an dieser Stelle fragen:Was hat das Ganze mit uns zu tun?“ Doch ich finde, wir haben hier nicht nur eine solidarische, sondern auch eine historische Verantwortung. Joachim Gauck hat es auf der Münchner Sicherheitskonferenz gut auf den Punkt gebracht: „Die Lehre aus unserer Geschichte, in der wir aberwitzige Mörder waren, darf doch nicht sein, den anderen Mördern schweigend zuzuschauen.“

Für mich gibt es aber noch einen anderen wichtigen Aspekt, weshalb die Ukraine den Krieg nicht verlieren darf. Was wäre das Signal, wenn die Weltgemeinschaft es zuließe, dass Russland nicht nur die Grenzen und Souveränität anderer Länder infrage stellt ,sondern in diese auch noch erfolgreich einmarschiert, wie es gerade passt? Das Signal wäre, dass es das Recht des Stärkeren ist, kleinere Staaten zu überfallen und sich diese einzuverleiben. Es geht hier also nicht nur um die Ukraine, sondern um ein völkerrechtliches Prinzip.

Meine Vorstellung von einer Beendigung des Ukrainekriegs besteht aus zwei Ansätzen

Der eine ist, der Ukraine die größtmögliche Unterstützung zukommen zu lassen, ohne selber Kriegspartei zu werden, also ohne Bundeswehrsoldat*innen in die Ukraine zu schicken. Die Ukraine hat ein Recht auf Selbstverteidigung. Aber uneingeschränkte Solidarität mit der Ukraine bedeutet eben auch, sie nicht zu bevormunden, sondern ihnen das zu geben, was sie jetzt am dringendsten brauchen. Und zwar nicht erst dann, wenn die Russ*innen wieder auf dem Vormarsch sind, sondern schon viel eher. Wenn es darum geht, möglichst schnell Frieden zu schließen, um möglichst wenig Opfer zu riskieren, dann stellt sich für mich nicht die Frage, ob wir Waffen zur Selbstverteidigung liefern, sondern eher wann und wie viele.

Der andere Ansatz ist, mit Russland im Gespräch zu bleiben und einen Rückzug der Truppen zu erwirken. Aber ohne Druckmittel wird das nicht funktionieren. Das heißt, wir müssen die Ukraine militärisch in die Lage versetzen, Perspektiven für ein Kriegsende überhaupt erst zu ermöglichen. Ich habe im Bekanntenkreis oft das Argument gehört, es werde nicht verhandelt, da wir davon nichts mitbekommen und da niemand darüber berichtet. Aber hier müssen wir akzeptieren, dass wir nicht von allen Gesprächen und Dingen wissen können. Wir haben demokratisch gewählte Vertreter*innen. Die Botschaften in Moskau und Berlin sind besetzt und offen, das heißt es gibt Gesprächskanäle, die auch bedient werden. 

Ich möchte hier auch der Sichtweise einer Freundin aus Kyiv Raum geben, die im achten Schwangerschaftsmonat aus der Ukraine fliehen musste und deren Großvater bei der Befreiung von Berlin geholfen hat. Sie ist sehr dankbar für alles, was Deutschland den Ukrainer*innen an Unterstützung zukommen lässt und sie ist sehr froh hier sein zu können, obwohl sie doch zurück möchte in eine freie und friedliche Ukraine. Es gibt für sie nur einen Weg, dies zu erreichen, und zwar durch die Lieferung von schweren Waffen, denn das sei die einzige Sprache, die Putin versteht.

Ich habe mir in den letzten Wochen immer wieder den Vorwurf anhören müssen, wir wären keine Friedenspartei mehr. Doch wir als BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN werden immer eine Friedenspartei sein. Frieden ist eben nicht die Abwesenheit von Krieg. Wir werden uns mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln - und der Einsatz militärischer Gewalt ist für uns immer nur äußerstes Mittel - dafür einsetzen, die Region zu befrieden, für eine selbstbestimmte und demokratische Ukraine. 

Ich schließe mit den Worten unserer Außenministerin Annalena Baerbock aus ihrer Rede vor den vereinten Nationen: Wenn Russland aufhört zu kämpfen, ist der Krieg vorbei. Wenn die Ukraine aufhört zu kämpfen, ist das das Ende der Ukraine.“

Ich freue mich, wenn Sie nach der Speakers Corner mit mir über Ihre Ansichten diskutieren möchten.

Vielen Dank
Alexandra Heimerl
(Stv. Fraktionsvorsitzende)

 

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Artikel | Europa und Internationales

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