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01.10.24 –
Aktueller Stand: DS/1426/IX
Die Bezirksverordnetenversammlung wolle beschließen:
Das Bezirksamt wird ersucht, in Lichtenberg ein Frauenzentrum mit dem Schwerpunkt der Prävention und Beratung hinsichtlich der Gewalt gegen Frauen, Lesben, sowie Inter-, Nicht-binäre, Trans-, und Agender Personen und häuslicher Gewalt einzurichten. Insbesondere die Punkte der geeigneten Standorte, Finanzierungsmöglichkeiten auf der Bezirks-, Landes-, Bundes- und EU-Ebene und über Stiftungen sowie geeignete Träger sind hier zu klären.
Im Prozess sollen die Erfahrungen der Frauenzentren und Beratungsstellen anderer Bezirke sowie relevanter Träger in Lichtenberg mit einfließen und ein enger Austausch mit den bisherigen Angeboten in Lichtenberg und dem Lichtenberger Frauenbeirat gesucht werden.
Ziel der Netzwerkarbeit soll sein, dass das Frauenzentrum eine sinnvolle Ergänzung zu bisherigen Angeboten darstellt. Der Fokus auf Gewaltprävention und Beratung als Alleinstellungsmerkmal kann beispielsweise durch folgende Inhalte umgesetzt werden:
Durch eine entsprechende Satzung und die traumasensible, armuts- und kultursensible Gestaltung von Angeboten soll das Frauenzentrum einen Safe Space als sicheren und unterstützenden Raum darstellen. Alle Angebote sollen niedrigschwellig, inklusiv und barrierearm zugänglich sein.
Zielgruppen sind alle Frauen, Lesben, sowie Inter- Nichtbinäre, Trans- und Agender Personen, darunter insbesondere gesellschaftlich vulnerable Gruppen wie Alleinerziehende, Menschen mit Flucht- und/oder Migrationsgeschichte, Menschen mit Behinderung, von Gewalt betroffene Personen und Senior*innen.
Begründung:
Seit langem wird der Bedarf an einem Frauenzentrum im Bezirk artikuliert, so im Rahmen der Lichtenberger Frauenwoche, von Trägern und weiteren Akteur*innen wie z. B. dem Lichtenberger Frauenbeirat und der Zivilgesellschaft. Gründe sind insbesondere die ansteigenden Zahlen häuslicher Gewalt. Von 2013 bis 2022 hat sich die Zahl der gemeldeten Fälle partnerschaftlicher und innerfamiliärer Gewalt um 29,5% gesteigert (vgl. Quelle unten). Hier ist von einer extrem hohen Dunkelziffer von nicht gemeldeten Fällen auszugehen. Auf diese Entwicklungen sind die in Lichtenberg zur Verfügung stehenden Frauenhäuser, trotz der dort geleisteten herausragenden Arbeit, keine ausreichende Antwort. Zudem gibt es in Lichtenberg keine Anlaufstelle für von Gewalt betroffene FLINTA*-Personen.
Notwendig ist dagegen langfristige Prävention und Beratung, damit FLINTA* Personen gar nicht erst in eine Situation häuslicher Gewalt geraten oder dort wieder hinausfinden und mit Hilfe von Stärkungs- und Vernetzungsangeboten ein selbstbestimmtes Leben führen können. Erfahrungen mit der Gestaltung solcher multiprofessionellen Angebote liegen in anderen Berliner Bezirken vor, die im Gegensatz zu Lichtenberg fast alle über ein Frauenzentrum und Beratungsstellen für Gewaltbetroffene verfügen (so z. B. das FRIEDA-Beratungszentrum für Frauen* in Friedrichshain-Kreuzberg, das Interkulturelle Frauenzentrum SUSI in Tempelhof-Schöneberg, das Frauenzentrum „Paula Panke“ in Pankow, das Frauenzentrum Treptow-Köpenick usw.).
Neben den aus der Praxis gemeldeten Bedarfen ist Lichtenberg auch langfristig gefordert, den Berliner Landesaktionsplan zur Umsetzung der Istanbul-Konvention als Bezirk zu verwirklichen. Dazu bedarf es ebenfalls geeigneter Hilfesysteme und Unterstützungsangebote - das Frauenzentrum ist hier eine erste Antwort.
Wir sehen den Begriff Frauenzentrum als einen kraftvollen Ausdruck des Widerstands. Es sind Orte des Aufbruchs, an denen starke Menschen noch stärker gemacht werden. Diese Tradition von Frauenzentren wollen wir endlich auch in Lichtenberg etablieren. Da patriarchale Gewalt jedoch nicht nur cis-Frauen betrifft, soll das Lichtenberger Frauenzentrum bewusst für alle offen sein, die unter dem Patriarchat leiden. Deshalb sprechen wir von einem Frauenzentrum für FLINTA*-Personen.
Das Frauenzentrum soll eine Plattform bieten, auf der marginalisierte Gruppen von FLINTA* einen Raum für ihre Präsenz und Existenz (Dasein) finden.
Aus intersektionalen Ansätzen sollen die Bedarfe der genannten vulnerablen Gruppen berücksichtigt werden, ebenso wie ihre Erfahrungen mit patriarchaler Gewalt und Mehrfachdiskriminierung und die entsprechenden Handlungsstrategien. Letztendlich soll das Frauenzentrum ein Ort (Safe-Space) sein, an dem die Empowerment-Prozesse von FLINTA* im Bezirk begleitet sowie ihre Partizipation und Vernetzung gefördert werden. Das Frauenzentrum kann auch ein institutionelles Statement im Bezirk setzen und sich klar gegen strukturelle Gewalt an FLINTA* positionieren.
Quelle zu den Zahlen: Senatsverwaltung für Inneres und Sport Berlin (2023): Berliner Monitoring Gewaltdelinquenz 2023. Teil 2: Gewalt und Prävention in den Berliner Bezirken. https://camino-werkstatt.de/downloads/Berliner-Monitoring-Gewaltdelinquenz-2023-Teil-2.pdf
Kategorie
Antrag | Arbeit, Soziales, Gesundheit | Offene Gesellschaft | Themen
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